Grado bei Acqua alta

/ März 22, 2024

Dort, wo normalerweise Touris Eis schleckend flanieren und Fischer ihre Angelruten 2m in die Tiefe des Stadthafens von Grado hängen, schieben verwegene Ruderer lachend ihren Schellenbacher Vierer über den Boulevard. Der Geniestreich ist gelungen! (Siehe Foto) Die einzig mögliche Fortbewegung gelingt nur mit einem Boot! Grado bei extremem Acqua alta! Heftiger Südwind, der die Lagune anschwellen lässt – Grado hat ja nicht „MO.S.E.“ – und Vollmond mit dem höchsten Tidenhub setzen die Altstadt unter Wasser.

Eigentlich wollten wir, das sind Ruderinnen und Ruderer von WRC Pirat, WRV Austria und WRV Donauhort, einige Tage die Lagune von Grado erkunden, italienische Schmankerl und herrlichen venezianischen Prosecco genießen. Aber daraus wurde zunächst nichts. Am Morgen des 27. Oktober 2023 gab´s ein erstauntes Erwachen beim Blick aus dem Fenster: Wasser überall! Die Hoteltüren waren großteils verbarrikadiert, die vergessenen Autos standen bis über die Türen im Salzwasser. Also was tun? Kurz entschlossen die Hosen aufgekrempelt (Wir sind nicht umsonst Wassersportler!) und zum Hänger gewatet, den wir am Vortag auf Anraten von gut informierten Einheimischen zum höher gelegenen Sportplatz gestellt hatten, wo man auch die Boote gut ins Wasser setzen konnte, (ohnehin besser als beim Ruderclub „Ausonia“), …….und dann: siehe Berichtanfang.

Am darauffolgenden Tag zeigten sich Grado und die Lagune versöhnlich und der Wasserstand normal. Ausflüge durch die Dalbenstraßen nach Portobuso und Santuario di barbana waren angesagt. Sogar die Motorboote reduzierten ehrfürchtig ihr Tempo auf 5kmh.

Den eigentlichen Anlass für unseren Ruderausflug bot aber die „VOGADALONGA“ am Sonntag, dem 29. Oktober, die die „Società Canottieri Ausonia“ jährlich veranstaltet, einem Pendant zur großen „Vogalonga“ in Venedig. Ein „Ruderfest“ mit 230 Teilnehmern in verschiedenen Bootstypen. 18km durch die idyllische Lagune, aber nur in handgesteuerten Booten.

Wir waren ein 5x+ und ein 4x+. Mit leichtem Kribbeln in der Magengegend („Wird die Strömung unter der Brücke wieder so heftig?“) schoben wir uns Richtung Start vor der „Ausonia“. (Gott sei Dank setzten wir die Boote beim Sportplatz ein und nicht im Gewühle des Ruderclubs!) Vor mir bot sich im morgendlichen Gegenlicht ein unwirklich schöner Anblick: die unzähligen Boote vor der Stadtkulisse! Allen voran die venezianischen Ruderer in ihrer majestätischen Riesengondel. Oder die dynamischen Burschen in ihrem Viererkajak! …Da reißt mich plötzlich der Startschuss aus meinen Schwärmereien, es geht los mit „Hallo“ …..und meine Mannschaft zieht ab wie eine Rakete! Hatten wir nicht vereinbart, die Fahrt zu genießen und einfach „schön“ zu rudern? Zwar bedeutet der Begriff „Vogada“ soviel wie „angestrengt herumrudern“, aber von einem Rennschlag 18km lang war vorher nicht die Rede. Wo bleibt mein Prosecco – Stopp bei der Klosterinsel? Mein Team will zuerst nur ein paar Gegner überholen, um glattes Wasser zu haben. Dann träumt es davon, Erster zu werden! Also heißt es die Zähne zusammenbeißen und auf die Atmung konzentrieren.

Letzten Endes hatten wir nur uns selbst besiegt, denn ein Männer – Vierer mit italienischen Meistern und ein Frauen – Achter mit vier Weltmeisterinnen an Bord waren doch um einiges schneller. Als Zielwasser gab´s dann endlich den ersehnten, 18km gekühlten Spumante. Und von „Ausonia“ für das Startgeld ein hübsches T-Shirt und ein Mittagessen! Salute!

Bericht: Elisabeth Vogler