Von Grado bis Venedig hinter den Kulissen – eine Wanderfahrt durch Lagunen, Kanäle und Flüsse in Friaul und Venetien

/ November 20, 2024

Tag 1 (16.05.2024): Grado – Lignano Sabbiadoro – 40 km

Die Wetterprognosen spielen bis am Vorabend noch gegen uns, und wir sind nahezu bereit, die erste Etappe durch eine kulturelle und gastronomische Tour zu ersetzen.

Um 10:00 können wir jedoch die Quadriga fertig einrichten und ins Wasser bringen: los in die stille Einsamkeit der Laguna di Grado. Unsere 4-tägige Wanderfahrt wird gleich von Santa Maria gesegnet, das einzige Boot überhaupt, das wir an diesem ersten Tag sehen werden.

Nach ca. 14 km am Canale Taglio Nuovo legen wir unsere erste Pause bei Portobuso (Ai Ciodi) ein, wo uns 2 Katzen einen besonderen Empfang bereiten. Nachher verdunkelt sich der Himmel über Lignano immer mehr, und wir wollen zügig unser Ziel erreichen. Bei unserem meditativen Schlag übersehen wir jedoch die Abzweigung zum Canale San Pietro und kommen schließlich in den Hafen von Marano über den Canale Taglio, wo wir unter leichtem Regen eine weitere kleine Pause einlegen. Die weitere Route wird neu geplant: Über den Canale di Marano erreichen wir Lignano Sabbiadoro, verlassen die wunderschöne Lagune unter immer dichterem Regen und kommen noch rechtzeitig vor dem großen Sturm bei unserer Hausbootsunterkunft am Tagliamento an.

Tag 2 (17.05.2024): Lignano Sabbiadoro – Jesolo – 42 km

Die Nacht war stürmisch: das zeigt uns gleich der braune Strom vom Tagliamento, der Äste und Baumwurzeln mitschleppt, die am Frühstücksboot vorbei schwimmen. Wir einigen uns auf einen Plan, um von der Hausbootsmarina über diese Hürden zu kommen, können jedoch im Strom nicht gegensteuern und landen mit viel Glück in einer sicheren Lücke mit wenigen Baumstämmen.

Das große Abenteuer steht aber noch an, als wir feststellen müssen, dass die Schleuse, die den Tagliamento mit dem Kanal Litoranea Veneta verbinden soll, aufgrund von großen Sanierungsarbeiten komplett trockengelegt wurde. Die Querung der Baustelle ist natürlich auch für Ruderboote untersagt, und wir müssen uns schnell für eine Notanlegestelle an dem mit Steinen befestigten Flussufer entscheiden, wenn wir nicht samt Ästen und Wurzeln bis ins Meer mitgeschleppt werden wollen.

2 Stunden, 2 Fußkilometer und viel Kraft kostet uns diese unvorhergesehene Hürde, bis wir Boot, Ruder und Säcke wieder in ruhiges Gewässer bringen können. Die Mühe hat sich aber gelohnt: die weitere Fahrt wird wieder ein Erlebnis: Canal dei Lovi, Canale Canadere, Canale del Morto, Canale Nicesolo, Caorle, Piave. Auf dieser Strecke begleiten uns diesmal Schwäne und Fische, die wie Delfine aus dem Wasser springen. Den leckeren Fischspezialitäten beim „Mazarack“ können wir als Mittagspause nicht widerstehen. Wir fahren an etlichen „Casoni“ vorbei, diese typischen Holz- und Schilfhütten, wo früher Fischer mit ihren Familien lebten.

Die letzte Pause gönnen wir uns im Hafen von Brian, das auch sehr gute Anlegemöglichkeiten für Ruderboote anbietet. Nicht einmal lässt sich die einheimische Bisamratte während ihrer Mahlzeit am Ufer von uns stören. Müde, gebräunt, aber diesmal trocken kommen wir an unserem Quartier bei Cortellazzo entlang der Cavetta an, die ihren Namen dem urigen Agriturismo verleiht und auch eine gute Anlegemöglichkeit bietet.

Tag 3 (18.05.2024): Jesolo – Lido di Venezia – 42 km

Der dritte Tag bringt uns nach Venedig. Es wird immer wärmer und sonniger. Wir rudern durch Jesolo, nachher am Sile und münden bei Cavallino nach einer letzten videogesteuerten Schleuse in die Lagune von Venedig. Die Boote vermehren sich, wir begegnen Paddelbooten und venezianischen „Mascarete“, man spürt schon die Vorbereitungen für die morgige Vogalonga.

Die letzte Mittagspause gibt uns die Kraft, die wir nachher am Canale San Felice und Canale Passaora entlang von Sant’Erasmo brauchen werden, um in der Hektik des Motorbootverkehrs durchkommen zu können. Großtstadtgefühl in der Lagune: nach dem ruhigen Vignole kommen wir am Lido di Venezia an und werden von unseren Ruderfreunden empfangen. Ab morgen sind wir nicht mehr allein unterwegs.

Tag 4 (19.05.2024): 48. Vogalonga in Venedig – 34 km

Wir alle sind schon die Vogalonga öfters gefahren, aber jedesmal ist es ein besonderes Erlebnis. Nach 3 Tagen Einsamkeit nun in guter Gesellschaft bietet sich diese Rudergroßveranstaltung mit Finale am Canale Grande als idealer feierlicher Abschluss zu unserer wunderschönen Wanderfahrt an! Ahoi!


Die Teilnehmer/innen: Christoph, Hannes, Elisabeth (alle WRC Pirat) und Olivier, Gastruderer von STAW und Chronist.

Ein Bericht von Olivier Pol