EUROW Ottensheim 2023

/ Mai 29, 2023

Braun gebrannt, schwer gebannt und nicht mehr ganz so tiefenentspannt sitzt unser Schülertrainer Rupert Neppl in seinem Chef… äh, Campingsessel, und wacht über den Regattaplatz. Es ist ein wunderschöner Tag in Ottensheim, es hat 22 Grad, die Sonne scheint ihm in den Nacken, es weht eine kühle, mäßige Brise – Gegenwind – über das Gelände. Irgendwo an der  Strecke sieht (und hört) man auch Alex Lewis, der die Nachwuchs-Rennsportgruppe betreut, mit seinem Rad den Altarm der Donau entlangrollen. Seine Stimme schallt kraftvoll über das Wasser, am ganzen Gelände vernimmt man seine Anweisungen (außer, naturgemäß, in den Booten seiner Athleten). Und nachdem sie es dann doch irgendwie auf die Reihe gebracht hatte, den Bus zum Laufen zu bringen (überraschenderweise braucht man dafür nämlich einen Schlüssel!), und auch tatsächlich in die richtige Richtung zu fahren, schaffte es auch Selma Köhler zum Gelände des Wassersportvereins. 

Der Pirat ist am Freitag, den 26. Mai, mit zwei Bussen auf den Regattaplatz gerollt. Dabei sind neben den Trainern Alex und Selma ein ganzer Haufen Athleten:  Sophie, Barbara, Tina, Caro, Hippo, Adam, Anna, Max, Paul, Leo, Luke, Lenny, Timon, Frido und natürlich unsere größte Nachwuchshoffnung, Rupert Neppl. Auch dabei sind sein Partner Chris (LIA) und, als passendes Gegenstück zu Sophie “Phietschi” Gerhold, ihre Doppelzweier-Partnerin Klara “Klaratschi” Guggenberger (DBU). 

Ausnahmsweise mal nicht um 6 Uhr Früh, sondern erst gegen halb 8 beginnt für sie der Regattatag. Die ersten, die wir laufen schicken, sind Luke Van der Klooster und Lenny Gunzer, die am Vormittag im Schüler-Einer, am Nachmittag im Doppelzweier den Altarm der Donau unsicher machen. Fast hätte sich das akribische Aufwärmen auch ausgezahlt – Lenny, der leider in einem starken Vorlauf gelandet ist, verpasst um nur 0,7s das A-Finale. Auch Luke hat, nachdem er herausgefunden hat, wo Backbord ist, fleißig gekämpft, landet jedoch mit seinem Kollegen im kleinen Finale. Am Sonntag bestreiten sie es gemeinsam und errudern jeweils den ersten und zweiten Platz, was – wenn Luke sich nicht verrechnet hat – den 7. Gesamtrang für Lenny und den 8. für ihn selbst bedeutet.

Während die Schüler ihre geplagten Muskeln beim Abwärmen lockern, hüpfen schon die Schülerinnen in ihre Doppelzweier. Anna Moringer und Barbara Lemanska haben sich “gut mit den anderen Booten unterhalten” (Zitat). Nebenbei haben sie sogar noch ein bisschen Zeit zum Rudern gefunden, und das nicht einmal so langsam – mit einem hochmotivierten Endspurt haben sie nur knapp Platz 2 verpasst und starten damit am Sonntag im A-Finale. Wie erwartet stoßen sie hier auf ein starkes Feld, an dem sie (dank richtig gedrehter Dolle) lange dran bleiben können. Zum Schluss landen sie nach einem wirklich stark gefahrenen Rennen auf Endrang 6. Caro Winter und Tina Rezania haben im zweiten Vorlauf wieder gezeigt, warum es eine gute Idee war, dass sie Caro doch nicht zum Basketball geschickt haben. Mit brachialer Gewalt sind die beiden ihren Tausender hinuntergebrettert, aber obwohl sie schnell waren, waren ihre Gegnerinnen schneller. In dem ungleich stärkeren Vorlauf mussten sie sich nach einem Kampf, der so hart war, dass nicht einmal Tina mehr Luft zum Reden hatte (und das heißt was!), schlussendlich geschlagen geben. Dafür haben sie dann im B-Finale gezeigt, was sie können, und ihm ihren groß gewachsenen, selbstbewussten Stempel aufgedrückt. Nur ganz knapp, mit nicht einmal einer Sekunde Rückstand auf ihre Konkurrentinnen von Alemannia, verpassen sie dort den Sieg und landen damit schlussendlich auf Rang 8.

Nicht ganz so groß gewachsen ist unser leichter A-Junior Hippolyte Langlois, der im ersten Vorlauf des JMA1x den 6. Rang belegt. Am zweiten Tag zeigt er jedoch, wie Oho klein sein kann, und schafft es, im B-Finale bis zum 1000er gut vorne mitzurudern. Am Ende wird es für ihn der 11. Gesamtrang.  

An beiden Tagen durfte sich zum ersten mal mit Leo Reischl, ebenfalls im JMA1x, ein Piratboot zum Siegersteg aufmachen. Schon am Samstag dominiert der Social-Media-Star seinen Vorlauf, am Sonntag muss er sich nur knapp seinem Kollegen Max Kofler vom EWRC LIA geschlagen geben. Ausnahmsweise musste er, trotz seines Rufs als hervorragender Badewaschl, nicht einmal in Richtung Siegersteg schwimmen, sondern durfte sich seine Silbermedaille ganz entspannt vom Boot aus abholen. 

Damit dem jungen Athleten sein Ego aber nicht über den Kopf wächst, hat es sich unser hochprofessioneller Spitzenathlet Frido Hömstein (der es durch seine langjährige Rennerfahrung sogar fast geschafft hätte, im Vorlauf im richtigen Einteiler zu starten – aber nur fast) gleich dazu berufen gefühlt, ihn in seine Schranken zu weisen. Auch er drückt seinem Vorlauf im Männer-Einer von Anfang an den Stempel auf. Am Sonntag dann, im A-Finale, liefert er über weite Strecken ein knappes Rennen um den dritten Platz, den er sich auf den letzten 500 Metern auch noch sichern konnte. Mit einem gewohnt breiten Grinser nimmt er neben seinen Kollegen Sebastian Kabas (RV Friesen) und Iurii Suchak (LIA) seine Bronzemedaille entgegen. Bei ihm ist sie auch sicherlich gut aufgehoben – sollte er sie, wie seinen Einteiler und sein Handy auch, irgendwo verlieren, kann er ja immer noch seine Detektiv-Skills auspacken und Schritt für Schritt nachverfolgen, wo er sie liegen gelassen hat. Finden tut er sie wahrscheinlich eh in der Hosentasche.

 Auch “Pause-Paul” Paul Oberbauer hat ausnahmsweise mal keine Pause gemacht, sondern ist mit seinen Kollegen vom WRK Donau als weit jüngste Crew im JMA4- an beiden Tagen ambitionierte Rennen gefahren. Für sie wird es im Finale Rang 4. Den zweiten Platz in diesem Rennen, nur geschlagen von den Männern der offenen klasse, holte sich DJ Timon Schulte-Umberg mit seinen Kollegen von LIA und VIL. Damit bedeutet das für ihn dieses Wochenende zusätzlich zum goldenen Abzeichen als Karaoke-Master auch noch eine Goldmedaille im Junioren-Vierer!

Max Cagal startet in dem beachtlich großen Feld des JMB1x, und kann dort seinen Vorlauf dominieren. Im A-Finale dann liegt er dann doch einen Luftkasten hinter dem tschechischen Siegerboot und darf sich wohlverdient seine Silbermedaille überreichen lassen. Zu diesem sensationellen Rennen hab ich ihn um ein Statement gebeten, und bekam daraufhin ein enthusiastisches, hoch erfreutes, ja beinahe euphorisches: “joa, war eh gut”. Absolut mitreißend.

Am Vormittag ebenfalls noch recht relaxed waren Sophie Gerhold und ihre Kollegin Klara Guggenberger vom WRC Donaubund, die dieses weekend mit uns unterwegs ist. Sie starteten together im JWB2x, wo sie geshowed haben, dass sie neben actually Deutsch sprechen sogar ganz gut rudern können, und haben sich mit zwei guten Rennen am Vorlauftag Rang 5 und im Finale dann sogar in einem eindrucksvollen Endspurt den 4. Platz holen können!

Wer sich jetzt am Anfang gefragt hat, warum Rupert Neppl nicht mehr ganz so entspannt war, obwohl er als Trainer ja praktisch nichts machen muss außer sich im Chefsessel die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen, dem wird gleich alles klar werden. Der “altbekannte Wiener Ruderer” (Zitat des Kommentators Martin Animashaun) war nämlich dieses Wochenende kaum wiederzuerkennen, da er mutig Jogginghosen und Adidas-Shorts gegen den flotten Renneinteiler getauscht hatte. Motiviert von den Bemerkungen zu seinem Vorhaben, die ihm am Regattaplatz entgegengeflogen sind – von “Das ich das noch einmal erleben darf hätt ich auch nicht geglaubt” über “da hätts mich fast aus den Latschen ghaut wie ich in die Startliste gschaut hab” bis hin zu einem simplen “Der startet? …spannend” – wagte er sich mit seinem Kollegen Christoph Philipps im M2x aufs Wasser. Dort haben sie sich wohl nicht mal so blöd angestellt – “Ihr warts ja sogar schneller als ich im Einer!” kommentiert Nachwuchstrainer Leo Reischl beim Abendessen in gewohnt bescheidener Manier. 

Die Mittagspause hätte Rupi sich nach dieser hochstrapaziösen körperlichen Anstrengung dann eigentlich wirklich verdient, dazu gekommen ist er aber nicht. Früh am Nachmittag ging es mit dem SchM2x weiter, in dem Luke und Lenny wieder zeigen konnten, wie gut sie nicht nur darin sind, zu rudern, sondern auch darin, ungünstige Vorläufe zu erwischen. Mit einer Zeit, die sie im zweiten Vorlauf auf Platz drei befördert hätte, wurden sie so leider 6. Luke’s Kommentar dazu möchte ich dem Leser aus Jugendschutzgründen an dieser Stelle ersparen – es sei jedoch gesagt, dass er sehr motiviert für das kleine Finale am Sonntag war. Nachdem das Chaosduo herausgefunden hat, wann denn am Sonntag “das Dings” ist (wie Rupi nach einiger Detektivarbeit herausfinden konnte, war damit die Final-Startzeit gemeint), und pünktlich zum Start erscheinen konnten, zeigte sich auch, dass seine Motivation begründet war – sie konnten sich im B-Finale den 3. Platz holen.

Kurz darauf starteten dann auch noch die Schülerinnen im Doppelvierer. Caro, Anna, Babsi und Tina hefteten sich im Vorlauf schon am Start dem Feld an die Fersen. Schlag um Schlag kämpften sie in einem packenden Rennen um den Dritten Platz, und obwohl sie am Sonntag viel von dem Feedback (für das Rupi ganz kritisches Side-Eye von Babsi kassiert hatte) umsetzen konnten, landeten sie schlussendlich auf Platz 4.

In den nächsten beiden Rennen gingen Sophie Gerhold und Klara Guggenberger, die ihren ersten 1500er im Einer bestreiten musste, an den Start. Beide fuhren ambitionierte Rennen, aber weil sie sich so gern haben, starteten sie dann doch lieber gemeinsam im B-Finale, wo sich Klara den 4. und Sophie den 6. Platz – trotz Hitze wirklich tapfer – errudern konnte.

Das Grande Finale beider Tage durften noch einmal Max Cagal und Paul Oberbauer bieten, die sich mit ihren Kollegen von LIA und STAW im JMB8+ auf Wasser begaben. Beachtenswert war hier besonders, dass es sogar einen Vorlauf in dieser Bootsklasse gab – insgesamt 56 (!) junge Athleten plus 7 Steuerleute sind hier dieses Wochenende am Start. Ein Hoch auf die Jugendarbeit – da dürfen wir gerade als WRC Pirat ein Teil von wirklich viel Bewegung im österreichischen Rudersport sein.

Das Team des WRC Pirat in Ottensheim

Ein großes Dankeschön auch an Julian Endlicher, der sich, obwohl er sich noch kaum vom Wienerachter-Rennen vor 2 Wochen erholen konnte, netterweise bereit erklärt hat, unseren Bus zu fahren und den Hänger zu ziehen!